Raten Sie mal, wer in seiner Freizeit am meisten von unserem schönen Land sieht? Es sind die Sportler, die von oben auf das Land schauen.
Die Rostocker Segelflieger erlebten in diesem Jahr die sportlich erfolgreichste Saison ihrer Vereinsgeschichte. Sie absolvierten für die Deutsche Meisterschaft im Streckenflug (DMST) so viele Wertungsflüge wie noch nie. Diese Meisterschaft ist ein Wettbewerb, der über das Internet abgerechnet wird und bei dem es darum geht, so große Strecken wie möglich in Segelflugzeugen zurückzulegen.
Dabei wird bis auf den Start kein Tropfen Benzin benötigt. Es geht um erhebliche Distanzen; 500 Kilometern und mehr pro Flug sind möglich und das antriebslos, nur mit Hilfe aufsteigender Luftmassen, der Thermik! Diese aufsteigende Luft wird auch von Adlern oder Störchen dazu genutzt, Höhe zu gewinnen. Durch enges Kreisen in den Aufwinden werden im Flachland an sehr guten Thermiktagen Spitzenhöhen bis zu 2500 Metern erreicht. Häufiger jedoch sind Höhen im Bereich von 1500 bis 1800 Metern zu erzielen. Die gewonnene Höhe wird dann im Gleitflug mit dem Segelflugzeug in Strecke umgesetzt.
Die Flugstrecke hat oft die Form eines großen geschlossenen Dreiecks, bei dem man am Ende des Fluges wieder an seinen Startort zurückkehrt. Diese Flüge selbst dauern oft fünf bis sieben Stunden und sind körperlich sehr anstrengend.
Bevor man fliegen kann, müssen jedoch die Flugzeuge noch vorbereitet werden. Da sie gewöhnlich aus Platzgründen in ihren Transportanhängern lagern, müssen sie zunächst zusammengebaut und nach dem Flug natürlich wieder demontiert werden.
Die Planung des Fluges beginnt schon Tage vorher mit dem ausgiebigen Studium der Wetterprognosen. Am Flugtag selbst muss jeder nach dem Start per Winde oder im Flugzeugschlepp die eigenen fliegerischen und sportlichen Entscheidungen treffen. Der Pilot bzw. die Pilotin ist dabei permanent dem Problem ausgesetzt, dass das Segelflugzeug, wenn es sich nicht gerade in einem Aufwind befindet, ständig an Höhe verliert. Es muss nicht einfach nur Thermik gefunden werden, sondern die Thermik sollte natürlich in der geplanten Kursrichtung liegen. Gute meteorologische Kenntnisse und die ständige Einschätzung der Wetterentwicklung sind dazu für einen Piloten, der erfolgreich sein will, sehr wichtig. 
Neben dem sauberen Fliegen und der thermisch optimalen Wahl des Flugweges muss auch navigiert, Lufträume beachtet und das sportliche Ziel nicht aus den Augen verloren werden!
Im Fliegerclub Rostock werden auch Flugschüler durch erfahrene Fluglehrer ausgebildet. Bis die jungen Pilotinnen und Piloten „auf Strecke“ gehen können muss viel gelernt werden. Die Ausbildung ist anspruchsvoll und erfordert von den Schülern vor allem Einsatz und Durchhaltevermögen. Wenn der Knoten dann einmal geplatzt ist, wird man mit unglaublichen Flugerlebnissen und unbeschreiblichen Ausblicken belohnt. Wer einmal gemeinsam mit einem Schwarm Störchen gekreist hat, vergisst das nie.
Bei einem langen Endanflug aus 2000 Metern Höhe mit dem Heimatplatz in sicherer Reichweite, fällt die sportlich nervliche Anspannung von einem ab. Man ist stolz auf seine Leistung und plant insgeheim schon den nächsten Flug.
Natürlich ist das Freizeitangebot für die Jugend reichhaltig, aber Segelfliegen ist eine unterschätzte und in den Medien stiefmütterlich behandelte Sportart. Wer hat schon mitbekommen, dass Deutschland in diesem Jahr einen neuen Weltmeister hervorgebracht hat?
Wer mehr über diesen Sport erfahren und vielleicht etwas Gefühl dafür bekommen möchte, sollte uns in Purkshof besuchen. An den Wochenenden findet in der Saison von April bis Oktober bei annehmbarem Wetter Segelflugbetrieb statt. Die neuen Ausbildungskurse beginnen im Winter. Nur Mut!
Stefan Tonk
Ernst Dieter Klinkenberg